06.08.2020
Autor: Tobias Gräf
Vier Berggipfel in sieben Stunden, nächtliche Kanufahrten unter Sternenhimmel, Lachsfilet über dem Lagerfeuer: Zwar musste das Stammeslager 2020 wegen dem Coronavirus entfallen, doch der Ausflug der Leiterrunde an den malerischen Forggensee im Allgäu war ein gebührender Ersatz – und viel mehr als das.


Ursprünglich hätte es nach Windischeschenbach gehen sollen. Die Oberpfälzer Wiese, direkt am Zusammenfluss von Wald- und Fichtelnaab gelegen, wäre ein perfekter Ort für das Sommerlager des Stammes gewesen. Zur Enttäuschung aller machte das Coronavirus diese Planungen zunichte. Doch immerhin für die Leiterrunde gab es Ende Juli eine Ersatzaktion. Der erstmalig von den Sulzbachern belegte DPSG-Zeltplatz Mangmühle mit eigenem Zugang zum Forggensee erwies sich als Glücksgriff: Vom Blick auf das Ammergebirge und die „Märchenschlösser“ König Ludwigs II. verzaubert, gefiel es den Leitern im Allgäu so gut, dass das Sommerlager nächstes Jahr am Forggensee aufgeschlagen werden soll – dann selbstverständlich auch mit den Kindern und allen Gruppen des Stammes.


Bereits vom Erkundungsteam, bestehend aus Andreas Stümpfl und Tobias Gräf, Ende Juni vorab besichtigt, brauchte es nicht lange, um auch die restliche Leiterrunde von dem Platz am Forggensee zu überzeugen. Vom 27. Juli an schlugen zwölf Leiter ihre Zelte auf der Allgäuer Wiese auf, die der DPSG Augsburg gehört und groß genug für bis zu 100 Personen ist. Weil das Gelände in Coronazeiten nur von je einer Gruppe belegt werden darf, gehörte den Sulzbachern der Platz völlig allein – die Einhaltung der orgeschriebenen Hygieneregeln stellte kein Problem dar. Eine Superjurte und das Gerüstzelt als Küche reichten der Gruppe völlig. Hinzu kamen ein Waschhaus mit Toiletten und Duschen – Sauberkeit muss schließlich auch im Lager sein.
Waghalsige Sprünge aus 13 Meter Höhe
Daran aber mangelte es bei dem Ausflug sowieso nie. Bei nahezu durchgehend strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen stürzten sich die Leiter täglich in das grün schimmernde, klare und kühle Gebirgswassers des Forggensees. „Stürzen“ kann dabei wortwörtlich genommen werden: Knapp am Wasser wurzelnde Bäume boten perfekte Plattformen, um aus bis zu 13 Metern Höhe von Holzbrettern ins Wasser zu springen oder sich an Seilen wie Tarzan in den See zu schwingen – Action und Adrenalinkick pur. Acht ausgeliehene Kanus machten die Leiter darüber hinaus auch am Wasser mobil, sodass jederzeit Paddeltouren über den See und zu Badestellen möglich waren. Am schönsten waren dabei wohl die Fahrten bei Nacht: Wenn keine Segler und Ausflugsschiffe mehr unterwegs waren, zeigte sich der im Mondschein schimmernde See in einem faszinierenden Glanz. Das Kanu war dann ein perfekter Ort, um bei absoluter Stille auf das am gegenüberliegenden Ufer hell erleuchtete Schloss Neuschwanstein zu blicken.


Fordernde Tour: Mit letzter Kraft zur Bergstation
Den einzig kühlen Tag nutzen die Leiter zu einer anspruchsvollen Gebirgstour im Ammergebirge, die auch die Mädels in der Gruppe mit Bravour meisterten. Mit dem Bus gelangte die Leiterrunde auf die rund 1300 Meter hoch gelegene Kenzenhütte. Von dort aus führte der nicht ungefährliche Weg auf über 2000 Meter zur Hochplatte. Nach der Gipfelbrotzeit ging es über ausgesetzte Stellen, einen langen, schmalen Grat und zwei Klettersteige weiter zur Krähe, dem Gabelschrofen und durch den Schwangauer Kessel an der Ahornspitze vorbei bis zum Tegelberg, von wo aus eine Gondel die erschöpften Leiter ins Tal transportierte. Die circa siebenstündige Tagestour mit circa 1000 Höhenmeter Aufstieg strengte alle an und forderte die Gruppe gerade am Ende, als das Wasser zur Neige ging: Weil keiner die letzte Talfahrt der Gondel um 17 Uhr verpassen wollte, mobilisierten die Pfadfinder ihre verbliebenen Kraftreserven und marschierten im Eiltempo zur Gipfelstation. Totalverschwitzt und erschöpft, aber stolz auf die erbrachte Leistung, erreichte die Gruppe die Bergstation – circa 10 Minuten vor der Schließung.




Nicht immer nahm die ganze Gruppe an allen Aktionen teil, doch zum Programm zählten Fahrten in den Kletterpark und zum Alpencoaster am Großen Alpsee bei Immenstadt sowie die Besteigung eines Klettersteigs bei Bad Hindelang genauso wie Besuche im Eiscafé in Füssen, auf der historischen Burg Hohenschwangau oder im Seerestaurant in Schwangau.


Täglich wechselnde Kochteams
Am Platz wiederum versorgte sich die Leiterrunde selbst. Jeden Abend kochte ein Zweier-Team für die ganze Gruppe: Die kulinarische Palette reichte von Burgern und Nudelgerichten über eine Gemüsepfanne bis hin zu Roastbeef und Lachsfilet als Mitternachtssnack – hungern musste niemand. Weil es nur in zwei Nächten regnete, schliefen viele mit ihren Feldbetten draußen. Nach einem langen Abend am Lagerfeuer erzeugte der Blick vom Schlafsack aus ins nächtliche Firmament die besondere Atmosphäre klassischer Pfadfinder-Romantik.
Ganz unter sich, ohne die Notwendigkeit, Kinder zu betreuen und ein tägliches Gruppenprogramm auszuarbeiten, hat die Leiterrunde den Ausflug im kleinen Kreis genossen und ist mit der Erinnerung an besondere Momente zurückgekehrt. Wenn Corona nicht erneut einen Strich durch die Rechnung macht, dürfen sich im kommenden Jahr alle Gruppen auf ein Stammeslager am Forggensee freuen. So schön sie auch sein mag – die Wiese an der Wald- und Fichtelnaab bei Windischeschenbach wird wohl noch etwas länger auf den Stamm warten müssen.

